Auch wenn „Wundervoll“ mein Wort für das Jahr 2016 ist, habe ich das Gefühl, dass es über das Jahr verteilt noch mehrere Worte geben wird, die mich begleiten werden. Die Bedeutung hinter „Wundervoll“, also ein Leben voller Wunder zu führen, bringt einfach so viel mehr mit sich! Das habe ich in den letzten Wochen und Monaten schon deutlich gespürt.
Wenn ich dieser ersten Phase des Jahres ein eigenes Wort geben würde, dann wäre es „Geduld“. Laut Duden bedeutet Geduld „Ausdauer im ruhigen, beherrschten, nachsichtigen Ertragen oder Abwarten von etwas“. Und Wikipedia schreibt: „Das Wort Geduld (auch altertümlich: Langmut) bezeichnet die Fähigkeit zu warten. […] Als geduldig erweist sich, wer bereit ist, mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen zu leben oder diese zeitweilig bewusst zurückzustellen. Diese Fähigkeit ist eng mit der Fähigkeit zur Hoffnung verbunden. Geduldig ist auch, wer Schwierigkeiten und Leiden mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt.“
Die „Planen und um jeden Preis durchziehen“-Strategie funktioniert natürlich für bestimmte Dinge, doch sind das meist die einfachen Herausforderungen des Lebens. Für die schwierigen, also die, die wirklich wichtig sind, die einen wirklich weiterbringen und die das Leben wirklich verändern, ist das glaube ich nicht die passende Herangehensweise. Seit ich gemerkt habe, dass die „Planen und um jeden Preis durchziehen“-Strategie mich eigentlich nie wirklich ans Ziel gebracht hat, stellt sich für mich die Frage „Wie dann?“. Und die beiden oben genannten Definitionen von Geduld geben mir genau die Antworten darauf: Mit Nachsichtigkeit, Ruhe, Gelassenheit und Standhaftigkeit. Wenn ich diese Worte so lese, höre ich eine ziemlich laute und trotzige Stimme in mir, die sagt: „Ich will aber dass es schneller geht!“ Vor meinem inneren Auge wird das begleitet von einem kräftigen Aufstampfen mit dem Fuß. Ja, ich weiß, sehr erwachsen. Nicht. Also scheine ich mit der Geduld bei mir genau den richtigen Nerv getroffen zu haben, wenn es solch eine kindliche Reaktion hervorruft. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder?
Gut ist auch, dass ich in der Vergangenheit schon das eine oder andere Mal sehr geduldig war und mir die Zeit genommen habe, die es gebraucht hat. Das beste Beispiel hierfür ist meine Therapie nach der Depression. Ich bin nicht nur so lange zu meiner Therapeutin gegangen, bis ich das Gefühl hatte, dass ich mein Leben auf eine für mich neue Art und Weise meistern kann, ich habe mir auch Zeit genommen, die Therapie behutsam zu beenden. Es war keine abruptes Ende von jetzt auf nachher, denn von der Entscheidung, dass ich aufhören möchte (und dass ich das meiner Therapeutin auch mitgeteilt habe), bis zur letzten Stunde vergingen nochmal gut zwei bis drei Monate. Diese Zeit konnte ich dazu nutzen, Möglichkeiten zu suchen bzw. mir Möglichkeiten bewusst zu werden, die meinen Therapieprozess auch ohne Therapeutin am Leben halten können. Genau das habe ich seit dem Ende meiner Therapie gemacht und es erfüllt mich mit großem Stolz, dass mir das so gut gelingt!
Doch stehen natürlich weitere große Veränderungen an. Das nächste „Projekt“ ist das Vorantreiben meiner beruflichen Selbstständigkeit. Nach meiner Neuorientierung – weg aus der IT-Branche und rein in die Fitnessbranche – bin ich wieder an dem Punkt, dass ich mehr aus meinem Beruf machen möchte. Diesen Wunsch hatte ich schon im alten Job und jetzt ist er wieder aufgekommen, obwohl ich wahnsinnig gerne als Fitnesstrainerin arbeite. Doch was heißt „mehr draus machen“? Dem musste ich für mich erst einmal auf die Spur kommen. Dabei hat mir sehr geholfen, mir mein bisheriges Berufsleben unter die Lupe zu nehmen und mir auf der einen Seite bewusst zu werden, wo ich richtig aufblühe und wo ich mich auf der anderen Seite eingeschränkt fühle. Dieses Mehr bedeutet für mich daher, dass ich alle meine Facetten zum Ausdruck bringen und die Rahmenbedingungen dafür selber bestimmen möchte. Mich begeistert diese Idee! Gleichzeitig bringt sie aber auch viele Ängste zum Vorschein, die mich bislang immer davon abgehalten haben dranzubleiben. Doch dieses Mal möchte ich dranbleiben, auch wenn es mir natürlich nicht schnell genug geht. Aber ich möchte auch nichts erzwingen, sondern dieser Veränderung mit Geduld begegnen, denn ich spüre, dass es um mehr geht als nur eine weitere berufliche Veränderung.
Es geht also nicht nur darum, sich Zeit für die großen Veränderungen des Lebens zu nehmen, sondern sich SEINE Zeit zu nehmen. Manches geht schneller, anderes braucht länger, aber alles geschieht, wenn man es möchte. Diesen Gedanken finde ich sehr beruhigend. Und um meine kindliche innere Stimme zu besänftigen, gehe ich erstmal eine Runde schaukeln.
Wie sieht es mit deiner Geduld aus? Kannst du dir deine Zeit nehmen oder ist das für dich auch eine große Herausfordrung?