Ernährung ist der wichtigste Baustein für einen gesunden Körper. Natürlich spielen Sport/Bewegung und die genetischen Veranlagungen auch eine Rolle für die Gesundheit, aber die Ernährung trägt den größten Anteil.
Betrachtet man Ernährung ganz nüchtern und rational, dann ist sie reiner Energie- und Nährstofflieferant – so wie Benzin und Öl für einen Motor. Nahrung gehört zu den Grundbedürfnissen eines Menschen wie z.B. Atmen, Trinken oder Schlafen (siehe Bedürfnispyramide nach Maslow). Prinzipiell würde es also ausreichen, wenn wir Nahrungsmittel zu uns nehmen würden, die eine optimale Energie- und Nährstoffversorgung sicherstellen – unabhängig vom Geschmack.
Aber aus irgendeinem Grund ist Essen für uns Menschen so viel mehr als das. Essen ist zum Einen Genuss. Es muss uns schmecken. Der Geschmack von Nahrungsmitteln hilft dabei herauszufinden, ob etwas giftig (bitterer Geschmack) oder nährstoffreich (süßer und salziger Geschmack) ist. Und das Stillen des Hungers ist natürlich auch äußerst befriedigend. Zum Anderen hat Essen für uns aber auch einen starken sozialen Aspekt: das gemeinsame Frühstück der Familie am Morgen, ein gemeinsames Abendessen mit Freunden – über einem guten Essen lässt sich so einiges besprechen und erzählen. Wer weiß, welche evolutionären Vorteile noch damit verbunden waren, dass Essen für uns mehr ist, als reiner “Treibstoff”.
Doch vor allem in den letzten Jahrzehnten ist das Verhältnis zum Essen in der westlichen Gesellschaft immer kontroverser geworden: Auf der einen Seite gibt es immer mehr, teils auch stark übergewichtige Menschen, auf der anderen Seite ist ein extremer Schlankheitswahn vorhanden, was aber nicht zwingend dazu führt, dass die Mehrheit der Menschen schlank ist.
Das Problem mit dem Übergewicht hat natürlich viele Ursachen, z.B.:
- Überangebot:
Es ist wohl das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass Nahrung über das ganze Jahr hinweg uneingeschränkt zur Verfügung steht und das in einer solchen Vielfalt. Damit kommt der Mensch nicht zurecht, das Überangebot überfordert uns. Und wenn man sich nicht entscheiden kann, dann nimmt man einfach von allem etwas (das beste Beispiel ist das wohl das Buffet). Da sind wir wohl immer noch auf einem “Steinzeitniveau” hängen geblieben: So viel wie möglich nehmen, solange es noch was gibt. - Der Mensch ist bequem:
Wenn es einfache und schnelle Alternativen gibt, wie z.B. Fertigpizza und Junk Food, warum sollte man sich also “anstrengen” und eine Mahlzeit von Grund auf selber zubereiten? Bequemlichkeit liegt wohl in der Natur des Menschen. - Der Mensch ist ein Gewohnheitstier:
Wenn in der Kindheit die Eltern keine gesunde und bewusste Ernährung vorgelebt haben, dann wird das in der Regel so weitergelebt. Außerdem schleichen sich Gewohnheiten ja häufig unbewusst nach und nach ein. Und wir wissen ja alle, wie schwer es ist unliebsame Gewohnheiten los zu werden. - Weniger Bewegung im täglichen Leben:
Vor allem die Veränderungen in der Berufswelt haben dazu geführt, dass im man sich im täglichen Leben immer weniger bewegt. Ich sitze z.B. 8-10 Stunden täglich vor meinem Laptop und fahre mit dem Auto zur Arbeit. Und so geht es immer mehr Menschen! Bewegung ist dann nicht mehr selbstverständlicher Teil des Alltags und muss in der Freizeit extra “absolviert” werden, um den Körper gesund zu halten. Denn unser Körper ist auf Bewegung ausgelegt.
Es gibt also viel Faktoren, die dazu führen, dass immer mehr Menschen mit Übergewicht zu kämpfen haben und es mittlerweile zu einem Problem für unsere Gesellschaft geworden ist, dessen zukünftige Konsequenzen sich wohl keiner ausmalen kann.
Als Gegenpart zum Übergewicht hat sich auch das gängige Schönheitsideal verändert. Schönheitsideale spiegeln häufig das wider, was nicht einfach zu erreichen ist. Früher waren vollleibige Menschen schön (siehe z.B. die Bilder von Rubens), da dies bedeutete, dass man reich war, sich genug zu essen leisten konnte und nicht selber schwer körperlich arbeiten musste. Heute ist es das Ideal dünn, wenn nicht sogar dürr zu sein, da dies mit dem Überangebot und der “Über”-Präsenz von Essen für die meisten nur mit viel “Arbeit” und Disziplin zu erreichen ist. Von Menschen, die dieses Ideal erfüllen, sind wir die ganze Zeit umgeben: in der Werbung, im Film, in Zeitschriften, im Fernsehen. Es sind die scheinbar Schönen und Reichen wie Victoria Backham oder Nicole Richie, die in früheren Tagen auch mal etwas mehr auf den Rippen hatten und jetzt durch ihre knochige Figur zu Idealen geworden sind. Sie zeigen uns: “Hey, es ist doch ganz easy dünn und schön zu sein. Und schau dir doch auch mein tolles Leben an, dass ich habe, weil ich so schön und dünn bin.” Das will man natürlich auch und am besten schnell! 5 Kilo in 1 Woche mit der Kohlsuppendiät. Einfach mal dem Körper die Nahrungsgrundlage zu entziehen hat aber leider ungewünschte Nebenwirkungen: Dem Körper wird vorgegaukelt, es wäre gerade eine Hungersnot ausgebrochen. Der berühmte Jo-Jo-Effekt setzt nach der Diät ein, weil der Körper wieder alles einbunkert, um auf die nächste Hungersnot alias Crash-Diät vorbereitet zu sein – ganz so, wie das auch notwendig war, als es nicht ausreichend zu essen gab. Für diejenigen, die dem Dürrheitswahn (mit “schlank” hat das ja nichts mehr zu tun), ist Essen der Staatsfeind Nr. 1. Für sie spielt Essen eine furchtbar wichtige Rolle – im negativen Sinne. Wenn man dann bei jedem Bissen ein schlechtes Gewissen hat und sich überlegt, ob das jetzt ansetzen könnte, dann wird es das auch.
Als Kind hatte war ich nie dünn, zwar auch nicht richtig dick, aber immer etwas pummelig. In frühen Teenagerjahren hat mich dann das Abnehmfieber gepackt und ich war glaube ich kurz davor, mir eine richtig ernsthafte Essstörung zuzulegen. Gott sei Dank ist es nicht so weit gekommen.
Heute habe ich Spaß am Essen und an der Ernährung. Ich esse einfach furchtbar gerne. Hinzu kommt, dass ich Kochen und Backen eher als Hobby und nicht als notwendiges Übel bezeichne. Aber ich versuche immer, bewusst zu essen, d.h. ich mache mir bewusst, was ich zu mir nehme und überlege, ob ich mit den Konsequenzen leben kann bzw. möchte. Dazu war es für mich wichtig, einen richtigen Bezug zum Essen herzustellen:
- Essen ist notwendig. Ich brauch es zum Leben!
- Auf abwechslungsreich Ernährung achten, um meinem Körper Nährstoffe aus den unterschiedlichsten Quellen zu geben.
- Selber kochen und möglichst keine Fertigprodukte verwenden. So kann ich selber bestimmen, was drin ist.
- Kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mal über die Stränge schlage, wie z.B. an Feiertagen oder bei einem leckeren Abendessen. Ich gleiche dies dann in den darauffolgenden Tagen aus.
- Viel auszuprobieren, damit es nicht langweilig wird.
- Auch mal auf die Inhaltsstoffe zu achten. Es ist echt erschreckend, was die Lebensmittelindustrie einem so andrehen will…..
- Fürs reine Abnehmen gilt immer noch: Weniger Energie zu sich nehmen als man verbraucht. ABER: Nicht auf Kosten der Gesundheit.
Ich hoffe wirklich, dass wir in unserer Gesellschaft dieses Problem bald in den Griff bekommen!
Wie ist euer Verhältnis zum Essen und zur Ernährung? Wie seht ihr die gesellschaftlichen Probleme mit Übergewicht? Und im Gegensatz dazu das gängige Schönheitsideal?
Wieder mal ein super Beitrag!!
Ich bin mir sicher, essen hat sehr viel mit Selbstbewußtsein zu tun. Wenn ich weiß, wer ich bin, weiß ich auch, was ich mir antue. Nicht umsonst sind besonders "dünnhäutige" Menschen oft auch übergewichtig. Sie müssen sich sprichwörtlich ein dickes Fell zulegen. Ich bin ja kein Psychologe, aber dein Leitsatz "Körper und Seele im Einklang" sollte zum Motto eines jeden werden. Leider muß man bei der Seele beginnen und das ist oft ein schwerer und unbequemer Weg, weil man lernen muß, sich selbst einen Spiegel vorzuhalten!!!